Aktuelle Forschungsprojekte

Anregung atomarer Vortex-Zustände mithilfe optischen Drehimpulses, Florian Nieguth

Analog zu optischen Interferometern sind Strahlteiler und Spiegel essentielle Bestandteile von Atom-Interferometern. Atomare Bragg Beugung nimmt hierbei eine wichtige Rolle in der Realisierung solcher Komponenten ein.

Atomare Bragg Beugung basiert auf der Erzeugung eines optischen Gitters durch die Wechselwirkung zweier gegenläufiger Laserstrahlen. Das Gitter induziert dann einen Impulstransfer auf eine einlaufende atomare Materiewelle, infolgedessen verschiedene Impulszustände miteinander gekoppelt werden.

In diesem Kontext untersuchen wir Möglichkeiten, zusätzlich zu linearem Impuls, auch optischen Drehimpuls mithilfe von Gauss-Laguerre Lasermoden auf Materiewellen zu übertragen. Ein besonderer Augenmerk liegt hierbei auf der Anregung von Vortex-Zuständen ursprünglich nicht rotierender Atome.

Anregung eines Vortex-Zustandes aus einem ursprünglich nicht rotierenden Grundzustand mithilfe zweier gegenläufiger und gegenrotierender Laserstrahlen
Anregung eines Vortex-Zustandes aus einem ursprünglich nicht rotierenden Grundzustand mithilfe zweier gegenläufiger und gegenrotierender Laserstrahlen

Nicht-lineare Effekte in Bragg-Strahlteilern, Oleksandr Marchukov

Besetzung der Impulszustände in einem Bragg-Strahlteiler in x- und y-Richtung in Abhänigkeit der Zeit (Zum Abspielen anklicken).
Besetzung der Impulszustände in einem Bragg-Strahlteiler in x- und y-Richtung in Abhänigkeit der Zeit (Zum Abspielen anklicken).

Ein Bragg-Strahlteiler ist ein elementares Bauteil von Materiewellen-Interferometern. Ein genaues Modell, das verschiedene physikalische Effekte beschreibt, welche die Funktionalität eines Strahlteilers beeinflussen, ist daher von besonderer Wichtigkeit. Diese Wechselwirkungen sind nicht trivial und führen zu einer reichhaltigen und interessanten Physik.

Der Hauptfokus dieses Projekts liegt auf den Auswirkungen des Welle-Teilchen-Charakters des Systems: Die Wechselwirkung mit den gegenläufigen Laserstrahlen zwingt die Atome im Bose-Einstein-Kondensat kohärent zwischen verschiedenen Impulszuständen zu oszillieren. Gleichzeitig bewegt sich das Kondensat im optischen Dipolpotential der Laser wie eine Kugel, die einen Hügel hinunterrollt.

Weiterhin besteht ein Fokus darin, die Wechselwirkung zwischen den Atomen im Kondensat einzubeziehen, was zu einem Josephson-Effekt zwischen den Impulszuständen führt. Beide Effekte beeinflussen das Verhalten eines Bragg-Strahlteilers. Wir konstruieren und lösen analytische Modelle und unterstützen sie mit (3+1)D numerischen Simulationen.

Synthetische Atome: Gekoppelte Bose-Hubbard-Ringe, Lars Arne Schäfer

Energiezustände zweier gekoppelter Bose-Hubbard-Ringe.
Energiezustände zweier gekoppelter Bose-Hubbard-Ringe.

Kalte Atome auf optischen Gittern sind kontrollierbare Vielteilchensysteme, die makroskopische Quanteneffekte zeigen. Je nach Atomspezies werden diese Systeme mit dem Fermi- oder Bose-Hubbard-Modell beschrieben. Ringförmige Gitter sind besonders interessant, da sie quantisierte Ringströme besitzen, deren Ursache topologisch geschützte Quantenzustände sind. Sie werden als Plattformen für Quanteninformation und -simulation diskutiert.

Wir beschreiben das Energiespektrum von Bose-Hubbard-Ringen unter Ausnutzung ihrer Translationssymmetrie. Anschließend interessieren wir uns für die Vielteilchendynamik, die durch schwache Tunnelkopplung oder zeitabhängige Potenziale induziert wird. Die erste ist ein Analogon zum Josephson-Effekt; letztere eines zur Bragg-Streuung.

Materiewellenoptik: Aberrationsanalyse von Bose-Einstein-Kondensaten, Jan Teske

Trajektorien und die zugehörigen Wellenfronten einer Materiewelle in einem Mach-Zehnder-Interferometer.
Trajektorien und die zugehörigen Wellenfronten einer Materiewelle in einem Mach-Zehnder-Interferometer.

In 1934 entdeckte Frits Zernike die orthogonalen Kreisflächenpolynome mit denen er den optischen Gangunterschied zwischen Lichtwellen und einer sphärischen Referenzwelle beschrieb. Er schuf die Grundlage für den Bau des ersten Phasenkontrastmikroskops durch die Beschreibung der Phasendifferenz und die Minimierung der optischen Aberrationen, wofür er 1953 einen Nobelpreis bekam. Heutzutage werden die Zernike-Polynome als Standardkonzept für die Beschreibung von Fehlern in abbildenden Systemen genutzt. Im Gegensatz zu sichtbarem Licht haben Atome eine sehr viel kleinere Wellenlänge und somit eine sehr viel höheres Auflösungsvermögen. Insbesondere ebnet Materiewelleninterferometrie momentan den Weg in eine neue Ära der Quantentechnologie.

In diesem Projekt entwickeln wir eine schematische Aberrationsanalyse für Materiewellenoptik mit Bose-Einstein-Kondensaten. Genau wie Zernike führen wir eine Menge orthogonaler Basisfunktionen ein, welche genutzt werden um Abweichungen von einem gewählten Referenzzustand mit Hilfe von Aberrationskoeffizienten zu beschreiben. Wir studieren lange Expansionszeiten, welche in einer schwerelosen Umgebung (QUANTUS, MAIUS, ISS) erreicht werden können. Ebenso untersuchen wir die Effekte von Delta-Kick-Kollimation in realistischen anharmonischen Chipfallen. Beide dieser Themen sind essentiell um eine präzise Beschreibung von Materiewelleninterferometrie zu ermöglichen.

Four-Wave Mixing Neuronen, Kai Hansmann

Es besteht eine große Nachfrage nach alternativen Implementierungen von künstlichen neuronalen Netzen, die sich von der Verwendung von Transistor-basierten Rechenschaltungen unterscheiden. Gerade im Bereich der Optik und Photonik werden verschiedenste Systeme als neuartige Plattformen für neuronale Berechnungen vorgestellt.

Wir schlagen die Verwendung kohärenter Materiewellen in ultrakalten Atomen als System zur Implementierung eines künstlichen Neurons vor. Genauer gesagt entwickeln wir einen Neuronalgorithmus, der auf dem Prozess des Four-Wave Mixing in kohärenten Materiewellen basiert und sich die inhärente starke Nichtlinearität solcher Systeme zunutze macht, die für die neuronale Aktivität entscheidend ist.

Schematische Skizze eines Neurons zusammen mit einer Implementierung durch Four-Wave Mixing.
Schematische Skizze eines Neurons zusammen mit einer Implementierung durch Four-Wave Mixing.

Intensitätsrauschen in Superlumineszenzdioden, Kai Hansmann

Im oberen Bild ist die schematische Skizze eines Drei-Niveau-Atoms zu sehen, im unteren Bild ist die Intensitätsrauschunterdrückung in Abhängigkeit der Temperatur, berechnet mit einem stochastischen Modell dargestellt.
Im oberen Bild ist die schematische Skizze eines Drei-Niveau-Atoms zu sehen, im unteren Bild ist die Intensitätsrauschunterdrückung in Abhängigkeit der Temperatur, berechnet mit einem stochastischen Modell dargestellt.

In 2011 berichteten Blazek et al. über die experimentelle Beobachtung einer temperaturabhängigen Unterdrückung von Intensitätsschwankungen in Superlumineszenzdioden. Um dieses Phänomen zu erklären, führte Franziska Friedrich eine komplett quantentheoretische Beschreibung solcher Dioden ein.

In einem neuartigen Ansatz beschreiben wir die Diodenemission halbklassisch als Wechselwirkung zwischen einem Lichtfeld und einem gepumpten 3-Niveau-Atomen. Unter Ausnutzung der charakteristischen Eigenschaften des Halbleitermaterials der Diode können wir das Versuchsergebnis reproduzieren. Dies eröffnet die Möglichkeit, den beobachteten Effekt im Rahmen der Halbleiterphysik zu erklären.

Eigenschaften zwei komponentiger Bose-Einstein-Kondensate, Tobias Liebmann

Teilchendichte des Grundzustand eines Rb87-K41-Gemisches in den drei verschiedenen Koordinatenebenen. RB87 befindet sich in der oberen Zeile und K41 in der unteren.
Teilchendichte des Grundzustand eines Rb87-K41-Gemisches in den drei verschiedenen Koordinatenebenen. RB87 befindet sich in der oberen Zeile und K41 in der unteren.

Im QUANTUS-Projekt sollen in naher Zukunft Experimente mit zwei-komponentigen Bose-Einstein-Kondensaten (BEK) durchgeführt werden, um Einsteins Äquivalenz-Prinzip zu überprüfen. Dafür soll ein Atom-Interferometer mit einem gemischten BEK aus den Atom-Spezies K41 und Rb87 betrieben werden. Wir unterstützen das Projekt dabei mit analytischen Modellen und Simulationen. Unser Ziel ist die Berechnung und Simulationen des Grundzustands eines solchen BEK-Gemischs im unharmonischen Potenzial einer Chipfalle und die Vorhersage der Zeitentwicklung für wenige Sekunden (~2 s). Aktuell fokussieren wir uns auf die Simulation von Grundzuständen des Gemischs in prolaten harmonischen Fallen und deren Zeitentwicklung für kurze Zeiten (~6 ms). Dabei wird ersichtlich, dass eine Phasenseparation auftritt, wobei sich die beiden Spezies nebeneinander entlang der Achse der niedrigsten Fallenfrequenz ausrichten.

Korrektur der Multipolmomente einer magnetischen Chipfalle, Tobias Liebmann

Skizze einer Z-Falle mit dem Fallenminimum und der Atomwolke. Die Kugel mit Radius R beschreibt den Bereich, in welchem die Multipolmomente ausgewertet werden.

Magnetische Chipfallen sind ein Standardwerkzeug um kalte Atome zu fangen. Diese Arbeit ist Teil der QUANTUS-Kollaboration, dort werden solche Fallen genutzt, um Bose-Einstein-Kondensate (BEKs) in der Schwerelosigkeit zu fangen. Das Experiment MAIUS erschuf das erste BEK in der Schwerelosigkeit 2017. Magnetische Chipfallen verfügen zwar über zufriedenstellende Fallenpotentiale, sind aber nicht unbedingt harmonisch. Das durch das magnetische Induktionsfeld einer Chipfalle erzeugte Zeemann-Potential ist nur in einem begrenzten Raum um das Fallenminimum herum relevant. In diesem Bereich wird das magnetische Induktionsfeld durch ein magnetisches Potential beschrieben, welches die Laplace-Gleichung erfüllt. Das magnetische Potential selbst kann als eine Reihe regulärer harmonischer Kugelflächenfunktionen ausgedrückt werden, was eine vollständige Beschreibung des magnetischen Induktionsfeldes durch die Multipolmomente des magnetischen Potentials ermöglicht. Ausgehend von einer Standard-Z-Falle ist das Ziel dieser Arbeit die Beschreibung der beobachteten Anharmonizitäten in Bezug auf die entsprechenden Multipolmomente und deren Reduzierung durch eine Variation in die Form der Drähte der Z-Falle.